Auf der Demo „Gemeint sind wir alle!“, die am 31. Januar 2025 gegen die zunehmenden Angriffe rechter und konservativer Kräfte und für die Verteidigung nicht-kommerzieller Freiräume vom Campus am Neuen Palais durch Potsdam zum KuZe in der Hermann-Elflein-Straße zog, gab es einen lesenswerten Redebeitrag der Sektion Potsdam. (Tipp für Lesemuffel:innen: Die Rede ist auch als Viedeo in voller Länge auf unserem Instagram-Account zu finden.)
Die Potsdamer Stadtsektion der Freien Arbeiterinnenunion Berlin unterstützt den Widerstand des Studentischen Kulturzentrums. Wir stehen Seite an Seite mit den vom ASTA gekündigten Angestellten und den ehemaligen Mitarbeiterinnen des KuZeS, denn der aktuelle Vorstand des allgemeinen Studierendenausschusses der Universität Potsdam verhält sich höchst autoritär, Arbeiterinnenfeindlich und rechtsoffen. Aber unsere Motivation ist auch durch das Interesse begründet, dass das KuZe als Freiraum in seiner jetzigen Form erhalten bleibt, denn auch wir als Stadtsektion nutzen die Räume für gewerkschaftliche Tätigkeiten. Freiräume dieser Art sind unerlässlich für basisgerwerkschaftliche Arbeit, vor allem wenn sie gut angebunden und nicht in den Stadtrand vertrieben sind. Mit dem KuZe befindet sich unser Lokal mitten in der Innenstadt, dem Hauptschauplatz von Kommerz, prekären Arbeitsverhältnissen und teuren Mieten. Umzingelt von Orten der Entfremdung, in denen Personen erst ab einer gewissen Kaufkraft erwünscht sind, stellen wir im KuZe die letzte Bastion der Lohnabhängigen dar, die sich nicht mehr der Willkür ihrer Vorgesetzten ergeben wollen. Und genau deswegen lassen wir uns nicht vertreiben, unser Platz ist hier und wir bieten auch weiterhin eine Anlaufstelle für Selbstverwaltung.
Hausprojekte, Freiräume und unkommerzielle Orte werden immer wieder bedroht, denn rechte Akteurinnen und Kapitalistinnen sind sich ebenfalls der strategischen Bedeutung solcher experimentellen Utopien bewusst und wenn wir nur einen Standort verlieren, bestärkt das die Gegenseite und es ist nur eine Frage der Zeit, bis uns der Rest genommen wird. Das Thema heute sind Freiräume und es wurde richtig erkannt “Gemeint sind wir Alle”, unsere Schwestergewerkschaft „Industrial Workers of the World “ haben ebenfalls den Leitsatz, “Ein Angriff auf eine(n) ist ein Angriff auf alle” und auf diesen Gedanken der Solidarität lässt sich bauen, wir dürfen unsere Kämpfe nicht getrennt betrachten. Als Potsdamer Stadtsektion ist uns der Erhalt alter und die Schaffung neuer Freiräume sehr wichtig, sie bieten Menschen einen Zufluchtsort und erzeugen ein Gefühl der Zugehörigkeit, vor allem in Städten, die immer weiter privatisiert werden. Es sind soziale Auffangbecken, sie helfen uns der Vereinsamung zu entkommen, dort können wir uns kulturell und politisch bilden und organisieren und für viele ist die “Küfa” nicht nur ein “Happening”, sondern eine Entlastung, wenn Zeit und Geld für vollwertige Ernährung fehlen. Kurzum, Lohnabhängige profitieren von niedrigschwelligen, selbstverwalteten Räumen.
Aber es gibt eine weitere Art Freiraum, die leider zu selten erwähnt wird und das ist die betriebliche Selbstverwaltung. Als FAU setzen wir uns für selbstverwaltete Arbeitsplätze und Kollektivbetriebe ein. Egal ob Teilzeit, Vollzeit, oder Schwarzarbeit, ja auch Ausbildungen nehmen den größten Teil ein in unserem Leben. Da kann man doch in einer “Demokratie” auch erwarten Mitspracherecht bei den Vorgängen zu haben, die unser Dasein so sehr beeinflussen. Leider ist es aber so, dass wir in der Schule, im Studium, in der Ausbildung und im Beruf oftmals nur Unbeteiligte sind, die bevormundet werden und tun sollen, was ihnen gesagt wird. Sicherlich gibt es repräsentative Wahlen, es gibt Schülerinnenvertretungen und ASTEN sollen die Interessen der Studierenden umsetzen. Dies geschieht allerdings auch nur unter den derzeitigen Voraussetzungen und wird sich immer im Rahmen des Reformismus bewegen, das Beispiel des ASTAS der Universität Potsdam zeigt, dass eine solche Institution auch sehr schnell gekapert und für eigene Machtansprüche ausgenutzt werden können und dann werden auch mal eben mehr als 10 Menschen fristlos gekündigt. Hätte es einen Personalrat gegeben, wäre niemand so leicht gekündigt worden. Ach nee, es gab ja einen Personalrat, der kurz vorher aufgelöst wurde. Aber dann gibt es ja noch den Personalrat der Universität Potsdam, wobei der natürlich auch nie in Kenntnis gesetzt wurde. Wir erleben es immer wieder, dass scheinbar coole und lockere Betriebe, oder Arbeitgeberinnen mit einem linken Image, sich wie ausbeuterische Kapitalistinnen verhalten.
In erster Linie gilt es also, genau diese Machtgefälle abzubauen, Betriebe zu kollektivieren und dass die Arbeitenden ihr Mitbestimmungsrecht einfordern. Zudem zeigt sich der praktische Nutzen von gewerkschaftlicher Organisierung am Arbeitsplatz dadurch, dass sie rechtes Gedankengut zurückdrängt. Wie aus der Studie “Arbeitswelt und Demokratie in Ostdeutschland” herausgeht, steigt der kollektive Wille für Verbesserung, während menschenfeindliche und ausgrenzende Ansichten sinken, wenn positive Erfahrungen durch betriebliche Mitbestimmung gewährleistet werden. Der Rechtsruck lässt sich also auch erklären durch das Gefühl abgehängt, oder nur ein Rädchen im System zu sein. Umso erschreckender, dass Befragungen nach den jüngsten Landtagswahlen ergeben haben, dass die Hälfte der AFD-Wählerinnen aus der Arbeiterinnenklasse zu stammen scheint. Immerhin scheint die extrem Rechte noch nicht in Betriebsräten und Gewerkschaften ganz Fuß gefasst zu haben, doch auch dort gibt es schleichende Entwicklungen und wie lange wollen wir warten, bis der Einfluss völkisch-nationaler Politik auch dort die dominante Stimme wird? Wir haben es in der Hand uns zu organisieren, uns einzubringen und für eine positive Veränderung zu kämpfen. Der Anarcho-Syndikalismus ermöglicht es uns, mithilfe direkter Aktionen für uns und unsere Genossinnen einzustehen und sich gegen kapitalistische Willkür und rechter Autorität zu wehren. Gemeinsam erwirken wir Mitbestimmung, Selbstverwaltung und die befreite Gesellschaft.
Vertraut nicht auf eine positive Entwicklung im Parlament! Denn wir müssen lernen, Probleme selbst anzugehen – also organisiert euch an eurem Arbeitsplatz, baut autonome Strukturen auf und setzt den herrschenden Verhältnissen etwas entgegen! Zusammen als Arbeiterinnen, als Aktive in sozialen Projekten, als Kulturschaffende können wir Tendenzen wie diesen rechten Kulturkampf verhindern! Wider dem Kapitalismus! Wider dem Rechtsruck!